Stadt Haan informiert nach Fallkonferenz zum Angriff in Gruiten
„Der Angriff des 13-jährigen Syrers auf zwei Jugendliche in Gruiten entsetzt uns alle und zu Recht werden den Behörden, auch dem Jugendamt der Stadt Haan, viele Fragen gestellt. Viele Eltern in Gruiten und Haan schildern ihre Sorge, dass unsere Stadt nicht mehr sicher sei. Diese Sorge kann ich nach dem furchtbaren Angriff nachvollziehen. Nicht zuletzt deshalb sehen wir uns als Stadtverwaltung in der Pflicht aufzuklären“, so Bürgermeisterin Bettina Warnecke am Montag nach der Fallkonferenz. „Den beiden verletzten Jugendlichen wünsche ich im Namen aller Haanerinnen und Haaner gute Besserung und schnelle vollständige Genesung!“
Zum eigentlichen Tatverlauf, auch zu den Fragen, ob und wie oft der 13-jährige Täter zuvor in Erscheinung getreten ist, sind Polizei und Staatsanwaltschaft als zuständige Ermittlungsbehörden Ansprechpartner.
Strafunmündigkeit des Täters – welche Maßnahmen ergreift das Jugendamt?
Bei dem jugendlichen Angreifer handelt es sich um einen 13-jährigen Geflüchteten aus Syrien, der mit seiner Familie seit Mitte 2022 in der städtischen Unterkunft an der Düsselberger Str. in Gruiten untergebracht ist.
Nach deutschem Recht gelten Kinder unter 14 als strafunmündig und es drohen ihnen keine strafrechtlichen Konsequenzen. Dennoch können Maßnahmen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ergriffen werden, um das Kind und seine Familie zu unterstützen und mögliche Risiken für die Gesellschaft zu minimieren. Diese Maßnahmen sind im SGB VIII geregelt.
Die Aufgaben des Jugendamtes sind Prävention und Hilfe. Das Jugendamt hat die Aufgabe, am Kindeswohl orientiert die beste Lösung für das Kind und die Eltern zu finden, mit dem Ziel, dass weitere Straftaten verhindert werden. Der Kinder- und Jugendhilfe stehen dafür verschiedene pädagogische Möglichkeiten zur Verfügung, so zum Beispiel die Erziehungsberatung (§ 28 SGB VIII), der Erziehungsbeistand (§ 30 SGB VIII) oder Sozialpädagogische Familienhilfe (§ 31 SGB VIII). Ziel der Maßnahmen ist es, das familiäre Umfeld und die Erziehungskompetenz der Eltern zu stärken. Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, kann das Jugendamt das Kind vorübergehend oder dauerhaft in einer stationären Einrichtung, wie einem Heim oder einer betreuten Wohngruppe, unterbringen (§ 34 SGB VIII). Hierfür ist eine Genehmigung des Familiengerichts notwendig, wenn die Personensorgeberechtigten der Maßnahme nicht freiwillig zustimmen.
In Fällen wie bei dem 13-jährigen syrischen Jugendlichen prüft das Haaner Jugendamt alle die ihm zur Verfügung stehenden erzieherischen Hilfen und leitet die erforderlichen Maßnahmen und Hilfen ein. Nicht immer gelingt eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung – insbesondere, wenn Familiengerichte den Anträgen der Jugendämter nicht folgen, die Zustimmung der Personensorgeberechtigten nicht erfolgt oder eine geeignete Jugendhilfeeinrichtung nicht zur Verfügung steht.
Aus Datenschutzgründen darf die Verwaltung nicht alle Details an die Öffentlichkeit geben. Insbesondere sind Inhalte von Beschlüssen der Familiengerichte sowie Inhalte der Hilfeplangespräche zwischen Familie und Jugendamt und Inhalte der polizeilichen Meldebögen vertraulich.
Das Jugendamt wird die Erkenntnisse aus der schrecklichen Tat vom 15.1.2025 nun in seine Arbeit mit der Familie und dem Minderjährigen einbeziehen und alle im rechtlichen Rahmen möglichen und notwendigen Maßnahmen auf den Weg zu bringen.
Das Jugendamt hat sich hierbei frühzeitig, insbesondere im Rahmen der Hilfeplanung, mit den zuständigen Kooperationspartnern eng und regelmäßig ausgetauscht und darüber hinaus im Rahmen einer zunächst städteübergreifenden Ordnungspartnerschaft in 08/24 und 11/24 eng mit Polizei und Staatsanwaltschaft, Ordnungsamt und Ausländerbehörde abgestimmt. In solchen Konferenzen werden gemeinsame Lösungsmöglichkeiten entwickelt, um jungen Intensivtätern trotz Strafunmündigkeit Grenzen aufzuzeigen. In Betracht kommen hier z.B. Betretungsverbote für die Hildener Innenstadt und die Haaner Kirmes, die durchaus Wirkung zeigen.
Parallel berät und unterstützt das städtische Sozial- und Integrationsmanagement in Fällen wie bei dem 13-jährigen syrischen Jugendlichen die Familien, so z.B. bei der Unterbringung und Versorgung sowie bei Anmeldungen zur Schule.
Fragen der Altersfeststellung
Im Rahmen einer Fallkonferenz am 20.01.2025 haben sich die zuständigen Behörden (Polizei, Staatsanwaltschaft, Ausländerbehörde, Bezirksregierung und Jugendamt) intensiv über den Fall beraten und auch Fragen zur Altersfeststellung des jungen Syrers geklärt: Es bestehen Zweifel, ob der Syrer tatsächlich 13 Jahre alt ist. Die Ausländerbehörde des Kreises Mettmann und die Staatsanwaltschaft haben zugesagt, Verfahren zur Altersfeststellung zeitnah zu prüfen. Hierfür entscheidend ist, ob ein begründeter Verdacht vorliegt, dass der jugendliche Syrer älter als 13 Jahre und damit strafmündig ist. Sollte die Staatsanwaltschaft einen solch begründeten Verdacht sehen, liegt die Entscheidung letztlich beim Gericht.
Im Übrigen informiert die Stadt auf der städtischen Homepage über die Zuständigkeiten verschiedener Ämter. Auch die Rolle des Jugendamtes, die aufgrund der Gewalteskalation am vergangenen Mittwoch in Gruiten sehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist, wird dort ausführlich beleuchtet: Kinder- und Jugendkriminalität / Gartenstadt Haan.
Was folgt daraus?
Bettina Warnecke: „Gleich, ob es sich bei dem Jugendlichen um einen strafunmündigen oder strafmündigen Jugendlichen handelt – nach einem solchen Angriff kann es nicht sein, dass er noch am Abend nach der Festnahme wieder in die Obhut seiner Familie zurückgebracht wird. Der Fall zeigt exemplarisch, dass die gesetzlichen Regelungen den Behörden nicht ausreichende Instrumentarien an die Hand geben, um – wie es die Situation erfordert – schnell und effektiv zu handeln. Das muss sich ändern.“